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Ich schlafe bei m(einer) Freundin Marie

Alles scheint so Anders zu sein. Hier ist die Welt noch in Ordnung, auf dem Land . Obwohl das Dorf garnicht soweit von der Stadt entfernt ist, höchstens 15 min. Bis auf den Kirchturm der Punkt 23:09 Uhr läutet. Bis auf die Autobahn die plötzlich so dicht erscheint: wie ein durchgängiges Geräusch, eine Art langgezogener Strich der niemals endet und Grillen aus dem Garten. Ich liege in ihrem Zimmer auf ihrem Bett, die Matratze ist hart, und ich höre Menschen die aus dem nichts durch das offene Fenster in weiter Ferne reden. Singen. Schreien. Ich denke an ein Festival doch heute ist Sonntag. Einer dieser Tage, die für mich so selten ein Ende haben, unendlich erscheinen. Sich wie ein ekeliges abgelutschtes Kaugummi ausdehnen, aber viel zu teuer war, um es weg zu schmeißen. Sonntage eben.

Sie wohnt mit Freund:innen, ihrem Partner und deren Ex und seiner Tochter, samt neuem Freund und derem Bruder, in einem großen Haus, mit riesigem Garten, vielen Büschen und Gemüse. Vielleicht so hundert Hektar.


Vorher. Der Spinat schmeckt geil, als ich ihn mit den Nudeln und Feta probiere. Wir sitzen draußen, es ist eine warme Sommernacht und bis auf die Horror-Gespräche ist alles idyllisch. Es gibt so Phasen da male ich die Welt schwarz und will auch darüber sprechen. Heute ist einer dieser Tage. Eigentlich will ich das nur los werden und mir an anderer Stelle wieder darüber Gedanken machen, doch manchmal ist auch das garnicht so einfach.

Ich denke an mein Beet zuhause, auf der Terrasse. Ich habe dieses Jahr drei Cocktailtomaten und eine halbe Kartoffel geerntet.

Hier erblasse ich vor Neid. Die Zucchinis sind zombieartig groß und Tomaten haben sie wirklich viele. Großartig denke ich, während ich die ungewaschene Gurke in mich rein stopf. Zuhause wäre das nie gegangen, meine Mutter hätte mir vorher mit ihren Bandwurm-Theorien den Appetit verdorben.

Hier und heute geht es, Marie sagt die sind sauber und wischt zweimal mit ihrer Hand darüber.


Ich liege nun in ihrem Bett, in ihrem Zimmer, welches sie oft als Arbeits- und Rückzugsort verwendet und denke nach, eingeschmiert mit Autan schlage ich noch zwei-, dreimal um mich bevor ich einschlafe.


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